Zur Historie des Forschungsinstituts für Bergbaufolgelandschaften e.V. (FIB) in Finsterwalde
Teil III: Anwendungsbezogene Landschaftsforschung mit Perspektiven
Seit 1992 erarbeitet das gemeinnützige Mehrländerinstitut Lösungen für eine Wiederbelebung des durch den Braunkohlenbergbau umgestalteten Landschaftsraumes. Ziel ist es, Grundlagen, Konzepte und Verfahren für die Wiederherstellung ökologisch sowie ökonomisch tragfähiger Kulturlandschaften zu entwickeln und beispielhaft anzuwenden. In den letzten Jahren stellten sich über das Alleinstellungsmerkmal „Bergbaufolgelandschaften“ hinaus neue Herausforderungen, wie ein umweltverträglicher Energiepflanzenanbau oder die Auswirkungen klimatischer Veränderungen auf Landnutzung und Wasserbewirtschaftung.
Bis 2012 erfolgte ein stetiger Ausbau der Infrastruktur bzw. technischen Ausstattung im Feldversuchswesen. Sie umfasst heute neben dem akkreditierten Umweltlabor ein kombiniertes Grundwassertechnikum und Forschungsgewächshaus. Darüber hinaus betreibt das FIB e.V. die „Lysimeter (Großgefäß)station Grünewalde“, eine der bundesweit größten Anlagen ihrer Art - zur Erfassung der Sickerwasserqualität und Grundwasserneubildung unter landwirtschaftlichen Kulturen. Im Rahmen des Feldversuchswesens werden die institutseigenen Forschungsstationen "Drößig" bei Finsterwalde und in der Bergbaufolgelandschaft "Welzow-Süd" bewirtschaftet. Hinzu kommen zahlreiche Dauerbeobachtungsflächen im Wald sowie landwirtschaftliche Anbau- und Sortenversuche.

Chronologie des Forschungsstandortes (1992 - 2001)
unter Leitung von Prof. Dr. sc. agr. JOACHIM KATZUR
Datum | Aktivitäten |
---|---|
1992 |
Gründung des Forschungsinstitutes für Bergbaufolgelandschaften e.V. (FIB)
als gemeinnützige Mehrländereinrichtung
und -sanierung Erarbeitung einer umfassenden Forschungskonzeption für die ökologisch begründete und nachhaltige Entwicklung von Bergbaufolgelandschaften |
1994 |
Gebäudesanierung, Ausbau des Dachgeschosses und Anbau des Hauptgebäudes Vergleichende bodenkundliche, geochemische und geohydraulische Untersuchungen auf Kippen und im Tagebauumland |
1995 |
Laborräume werden erweitert und renoviert, in den Folgejahren stetige
Modernisierung der Laborausstattung durch Einwerbung von Drittmitteln Moderne Waldökosystemforschung etabliert sich (Waldwachstum, Bodenentwicklung, Wasser- und Stoffhaushalt, Biodiversität) |
1996 | Erste Untersuchungen zu geochemischen Prozessen in salinen Kippengrundwasserleitern des Braunkohlenbergbaus |
1997 | FIB widmet sich verstärkt Fragestellungen zur sicheren Langzeitverwahrung von Abraumhalden des Uranerzbergbaus, dabei Konzeption von neuartigen Mineralbodenabdecksystemen |
1998 |
Erarbeitung eines Bewertungsrahmens für die landwirtschaftlichen
Kippenflächen anhand ihres Ertragsniveaus, Ableitung von Ackerzahlen Untersuchungen zu Stoffumsatz und Beschaffenheit von Kippengrundwässer in Braunkohlebergbaugebieten und Möglichkeiten zu deren Beeinflussung |
1999 | Pflanzenbauliche Prüfung neuartiger Humusersatzstoffe auf Braunkohlenbasis für die Sanierung von Problemstandorten |
2000 | Zunehmend gerät der Anbau von Energiepflanzen in den wissenschaftlichen Fokus, Anlage von Kurzumtriebsplantagen (KUP) für Forschungszwecke |
2001 |
Etablierung mehrjähriger Sonder- und Wildobstkulturen als ein Beitrag zur
Stabilisierung ökologischer Funktionen von Offenflächen Studie zum Einsatz bodenverbessernder Substrate aus organischen Massenabfällen in der landwirtschaftlichen Rekultivierung |
Chronologie des Forschungsstandortes (2002 - 2012)
unter Leitung von Dr. MICHAEL HAUBOLD-ROSAR
Datum | Aktivitäten |
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2002 | Umweltlabor des FIB wird staatlich akkreditiert (zertifiziertes Qualitätsmanagementsystem) |
2003 | Erarbeitung von Beiträgen zur Sanierung von sulfatbelasteten Kippen-Grundwasserleitern durch Stimulierung von mikrobiell gesteuerten Reduktionsprozessen |
2004 |
Erstes Langzeitmonitoring zur Boden- und Bestandesentwicklung von land-
und forstwirtschaftlichen Rekultivierungsflächen sowie der Nachhaltigkeit
von Meliorationsmaßnahmen Internationale Forschungspartnerschaft zur Rekultivierung degradierter Lössstandorte in China |
2005 | Pilotvorhaben zu Anbau, Ernte und Verwertung schnellwachsender Baumarten auf landwirtschaftlichen Flächen (KUP) |
2006 | Komplexe Gestaltung von Fließgewässern in der Bergbaufolgelandschaft zur nachhaltigen Entwicklung ihrer Funktionsfähigkeit |
2007 | Entwicklung eines neuartigen Infiltrationsverfahrens zur Einbringung von Suspensionen in Porengrundwasserleiter |
2008 |
Eine anwendungsbezogene Klimafolgenforschung etabliert sich, im Ergebnis
stehen Prognosen zur langfristige Waldentwicklung Weitere Ausstattung im Feldversuchswesen durch Neuanschaffung landwirtschaftlicher Gerätetechnik |
2009 |
Erprobung innovativer Verfahren zur biologischen Bekämpfung des
„Kiefern-Wurzelschwammes“ Positive Evaluierung des Institutes durch eine Expertenkommission des Landes Brandenburg |
2010 |
Strukturentwicklungskonzept und Forschungsprogramm (2020) wird durch die
Mitgliederversammlung bestätigt Praxisbezogenen Schriftenreihe des FIB, Band 1: Düngeempfehlungen für die landwirtschaftliche Rekultivierung von Kippenflächen Forschungsinstitut wird Partner der „Energieregion Lausitz“ Premiere: Erster Deutsch-Chinesischer Workshop zur Rekultivierung in Beijing, Kooperationsvereinbarung mit der Chinesischen Akademie für Forstwirtschaft (CAF) |
2011 | Erweiterung der Großlysimeteranlage Grünewalde durch 4 wägbare Schwerkraftlysimeter, verstärkte Ausrichtung der Feldforschung auf den Energiepflanzenanbau |
2012 |
Festveranstaltung zum 20-jährigen Jubiläum der Einrichtung, Bekenntnis zum
Erhalt und Ausbau des Forschungsstandortes Maßnahmenbeginn für den Neubau eines kombinierten Forschungsgewächshauses und Grundwassertechnikums Bewertung der Natur- und Landschaftsverträglichkeit von Photovoltaik-Freiflächenanlagen |
Neue Herausforderungen
Gewässersanierung und Landschaftswasserhaushalt
Für die Länder Brandenburg und Sachsen sind insbesondere die langfristigen
Auswirkungen der durch den Braunkohlenbergbau verursachten
Grundwasserabsenkungen und die anhaltende Beeinträchtigung der Wasserqualität
in Kippenkomplexen und des Tagebauumlandes von Bedeutung. Vorrangiger
Forschungsbedarf besteht vor allem hinsichtlich Prognosen zur Entwicklung der
Gewässergüte sowie den Technologien einer nachhaltigen und umweltverträglichen
Gewässersanierung. Die hierzu angelaufenen Forschungsarbeiten der
Grundwasserbehandlung sowie komplexen Gestaltung von Fließgewässern
sollen deshalb ausgeweitet werden. So gilt es beispielsweise Strategien und
Verfahren für die Ufer- bzw. Böschungsgestaltung und -begrünung schwefelsaurer
Tagebauseen zu prüfen.
Neue Landnutzungssysteme
Als eine weitere wissenschaftliche Herausforderung wird die Entwicklung neuer
Landnutzungssysteme für Regionen angesehen, welche in besonderem Maße von den
Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind. Insofern haben die
Bergbaufolgelandschaft - und die Lausitz allgemein - den Charakter eines
„Landschaftslabors“, zugleich besteht in dieser Region der dringlichste
Handlungsbedarf. Bei der Entwicklung neuer Landnutzungssysteme sind
insbesondere die komplexen Wechselwirkungen mit dem Landschaftswasserhaushalt
zu beachten. Darüber hinaus stehen die Wirkungen auf den Produktionsfaktor
Boden sowie naturschutzfachliche Aspekte im Fokus des wissenschaftlichen
Interesses.
Energiepflanzenanbau und Stoffstrommanagement
Auch ist in Zukunft von einer steigenden Nachfrage nach Biomasse für die
energetische und stoffliche Verwendung auszugehen. Bereits heute kann der
Bedarf an Dendromasse aus nachhaltiger Forstwirtschaft kaum mehr gedeckt
werden, so dass die Holzerzeugung in Kurzumtriebsplantagen (KUP),
Agroforstsystemen (AFS) und Feldgehölzanlagen an Bedeutung gewinnt. Ausgehend
von Sonder- und Problemstandorten beschäftigt sich das FIB e.V. eingehend
mit der Bewirtschaftung, Ernte und Verwertung schnell wachsender Baumarten,
vorrangig Robinie, Pappel und Weide. Hinzu kommen Potenzialstudien und
Sortenversuche zum Anbau landwirtschaftlicher Energiepflanzen, insbesondere
für die Biogaserzeugung. Mehr denn je sind intelligente Produktionsmodelle
gefordert, welche sozioökonomischen Herausforderungen aufgreifen, in ein
regionales Energie- und Stoffstrommanagement integrierbar sind und
gleichzeitig neue Impulse zur regionalen Wertschöpfung setzen.
Allgemeine Daseinsvorsorge
Neben der Etablierung innovativer Landnutzungssysteme sind die großflächigen
Renaturierungsbereiche des Braunkohlenbergbaus als Vorrangflächen des
Naturschutzes zu bewahren. Dies betrifft ihre Funktion als ökologische
Ausgleichsräume von internationaler Bedeutung und zur Sicherung der
Biodiversität im Sinne der allgemeinen Daseinsvorsorge (Stichwort „Nationales
Naturerbe“). Allerdings lassen sich in jüngster Zeit zunehmend
Nutzungskonflikte beobachten. Beispielhaft hierfür steht die verstärkte
Ausweisung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen (PV-FFA) zuungunsten aufwändig
sanierter Agrarflächen, wobei deren Umweltwirkungen (Natur- und
Landschaftsverträglichkeit) noch nicht einmal ansatzweise geklärt sind.